Schild auf einer Demo mit der Aufschrift "der NSU war nicht zu dritt"

Die extrem rechte Szene in Zwickau

Situationsanalyse
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Die extreme Rechte in Zwickau ist offensiv, gewaltbereit und fühlt sich sicher in ihrem Tun. Seit Jahren terrorisie­ren unterschiedliche extrem rechte Gruppen marginalisierte und engagierte Personen in Zwickau. Unterdessen gedeiht eine extrem rechte Erlebniswelt und die AfD wurde zur mit Abstand stärksten politischen Kraft. Die­ses Policy Paper bietet einen Überblick über die Struktu­ren und Netzwerke vor Ort und damit Ansatzpunkte für die demokratische Zivilgesellschaft sowie politische Entscheidungstragende.

Die heutigen Protagonisten der extremen Rechten in Zwickau lassen sich oftmals auf die gleichen Gruppen zurückführen, die Anfang der 2000er Jahre die Stadt als Experimentierfeld für extrem rechte Agitation  entdeckten.  Nicht wenigen  davon lassen sich Kontakte zum Unterstützungsumfeld des „Nationalsozialistischen  Untergrunds“ (NSU) nachweisen. Die Perspektive von zivilgesellschaftlich Engagierten und Betroffenen rechter Gewalt liefert einen Einblick in den von Bedrohungen und Angriffen geprägten Alltag und bietet ihrer Kritik und ihren Lösungsansätzen einen Raum.

Zusammenfassung

Nicht nur der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) hat den Blick der Öffentlichkeit  auf die Stadt Zwickau geprägt, sondern nicht zuletzt auch die wiederkehrenden Nachrichten über Angriffe und Bedrohungen, extrem rechte Propaganda und teils zögerliche Reaktionen dar­auf. Zwickau bietet die Bedingungen, in denen sich ext­rem rechte, teils neonazistische Gruppen ausbreiten können und mit ihrer Propaganda auf Resonanz stoßen. Die unterschiedlich geprägten extrem rechten Gruppen gehen in Zwickau besonders offensiv gegen politisch Andersdenkende vor, was sich in regelmäßigen Drohun­gen, Schmähungen und körperlichen Angriffen äußert. Dabei stechen die Partei Der Dritte Weg, die einzige nen­nenswerte neonazistische Partei in der Stadt, die Gruppe Junge Revolution als Radikalisierungspunkt für Jugend­liche und die Gruppe um den ehemaligen Youtube­Kanal „Kara  Ben  Nemsi  TV“  als  besonders aggressiv heraus. Die  Leidtragenden sind BIPoC, Linke, antifaschistisch Engagierte, Personen aus der Klimabewegung, Mitglieder demokratischer Parteien und andere, die nicht in das rechte Weltbild passen. Sie werden regelmäßig angegriffen, wodurch sich die Zwickauer Innenstadt für viele von ihnen zu einem Angstraum entwickelt hat.

Die verschiedenen Gruppen, die im rechten Spektrum von Corona­-Leugnenden bis hin zum Unterstützen­den-Umfeld des NSU reichen, bieten darüber hinaus durch Demonstrationen, Konzerte, Vortragsveranstaltungen, Kampfsport und Fußball eine ganze Bandbreite der ext­rem rechten Erlebniswelt. Aus der Analyse der Taktiken der extrem rechten Akteure und Gesprächen mit Betrof­fenen ließen sich schließlich folgende Handlungsbedarfe identifizieren:

  • Neonazistische und andere extrem rechte Täter müs­sen mit Mitteln der Strafverfolgung mit aller Konsequenz belangt werden, um deren Motivation zu bre­chen  und  einen  Angstraum  für  Betroffene  in  der  Zukunft nicht wieder entstehen zu lassen.
  • Mit  Betroffenen  der  Gewalt muss offen Solidarität gezeigt werden. Hierzu gehört  eine  klare Abgrenzung zu extrem rechten Akteuren.
  • Eine  proaktive  Rolle  bei  der  Aufarbeitung  der  Geschichte  des  NSU  und  die  Positionierung für ein NSU­-Dokumentationszentrum hilft nicht nur der Aufklärung, sondern kann dazu führen, dass positive Signale aus Zwickau bundesweit  wahrgenommen werden.
  • Ein kontinuierliches Monitoring extrem rechter Aktivitäten ist notwendig, um extrem rechte Netz­werke zu identifizieren und zu analysieren und somit Ansatzpunkte für die demokratische Arbeit zu lie­fern und das Entstehen neuer  rechtsterroristischer Bestrebungen zu verhindern.
Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
30.10.21
Herausgegeben von
ASA-FF, Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Else Frenkel-Brunswik Institut
Seitenzahl
24
Lizenz
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